Weil PNP (Passauer Neue Presse) weitgehend oberflächlich über den Fall unseres Rottaler Ehepaares berichtete (Kryptobetrug: 150.000 Euro weg), habe ich selbst recherchiert. NDR erklärte in 2023 schon sehr eindrucksvoll, wie Abzocke funktioniert und stützt meine These von gestern, wie das Ganze vor sich geht.
Ich hatte mich nur gefragt, wieso das Ehepaar die Internet-Anzeige der Krypto-Betrüger so seriös fand, dass der Betrug seinen Lauf nehmen konnte. Da hatte ich auf PNP mehr Details erwartet, weil die Antwort so wichtig für uns alle wäre. Der NDR liefert sie.
‚Seriöse Fake-Anzeige‘ ist das Stichwort. Wie läuft der Kundenfang ab? Nun. Wir wissen, dass wir im Internet mit Werbung zugeballert werden. Diese Werbung wird ganz automatisch geschaltet und eingeblendet, während wir auf allen möglichen Internetseiten kostenlos surfen. Das ist der Preis dafür, dass wir keine Abos abschließen wollen. Welche Werbung z.B. auf Focus geschaltet wird, kann Focus direkt eher nicht beeinflussen. Der Plattform Focus werden durch Algorithmen (z.B. von Google) die Werbeanzeigen zugeteilt. Algorithmen deshalb, weil die Werbung auch noch auf unsereins zugeschnitten ist. Vor zwei Wochen habe ich im Internet Manuka-Honig gekauft. Also bekomme ich neuerdings Werbung für Manuka-Honig. Ist jetzt etwas komisch, denn ich habe ihn ja schon und deshalb nicht vor, gleich wieder 70 Euro für ein Glas auszugeben. Aber so funktioniert das Spiel.
Fake-Anzeigen auf seriösen Plattformen
Jedenfalls verstecken die Betrüger hinter ihrer Werbung zunächst gar keine direkte Anzeige, sondern zum Beispiel eine Schlagzeile, mit der sie Aufmerksamkeit erzeugen (Schlagzeile statt Manuka-Honig). Es kommt dann halt ein Politiker oder ein Fernsehstar oder ein bekannter Schauspieler vor, der für ein Produkt werben wollte, es aber mit einem Mitwerber, mit einem Gericht oder mit dem Staat zu tun bekam. Klickt man auf diese Anzeige kommt keine gehackte Seite, die direkt Geld einfordert. Stattdessen wurde eine bekannte Seite wie zum Beispiel zdf.de durch die Betrüger nachgebaut. Sie wird nun angezeigt. Das wirkt seriös. Das Opfer fühlt sich heimisch. Es erkennt nur sehr schwer, dass es auf einer Fake-Seite gelandet ist. Eine sensationelle Meldung erscheint. Zum Beispiel hätte eine Bank per einstweiliger Verfügung einer Firma untersagt, ein bestimmtes erfolgreiches Finanzprodukt zu verkaufen. Jetzt kommen noch die Emotionen hinzu. Banken, Staat und Gerichte verderben uns den Spaß am Geldverdienen. Dann gibt es einen neuen Link, der verspricht, dass man an das Produkt jetzt doch herankommt.
Anrufserie startet
Die gesunde Skepsis ist jetzt ausgeschaltet. Hinter diesem Link befindet sich wiederum ein seriös wirkendes Anmeldefenster, das einen einlädt, für weitere Informationen doch einfach einen kostenlosen Account zu erstellen. Das kann jetzt nicht so falsch sein, denn das ZDF ist doch seriös. Also gibt man auch seine Telefonnummer an. Und jetzt beginnen die Werbeanrufe durch hochgradig geschultes „Personal“. Sie haben Bedenken? Das hätten wir tatsächlich auch. Wir laden Sie einfach ein, eine geringe Summe bei uns zu investieren. Testen Sie unser Finanzprodukt doch einmal. Den voucher mit einem Startkapital von 500 Euro haben wir Ihnen bereits per Mail zugeschickt. Sie investieren einfach weitere 500 Euro. Wir teilen uns fair in das Risiko. Sie müssen vorerst nichts weiter tun. Wir schicken ihnen den Kontostand ihres Investments regelmäßig zu. Glauben Sie uns. Sie tun das Richtige.
Erst Gewinne, dann Totalverlust
Und tatsächlich fließen – auf dem Papier und per Mail – die Gewinne. Die Chance, das ganz große Geld zu verdienen – es gibt sie tatsächlich. Kurzes Gespräch mit der Ehefrau. Sollen wir es probieren? Ach, schaut doch alles sehr gut aus. Lass uns einmal so richtig investieren. Wir haben uns ein Zubrot verdient. Machen doch alle so.
Der Rest ist Geschichte und lässt sich bei mir oder auf PNP nachlesen. Und auf den Artikel auf NDR verweise ich auch noch einmal. Das Video dauert zwölf Minuten und öffnet einem schlagartig die Augen.