Sonntag, 03. März 2024, IT: Ehepaar verliert Geld durch Fernwartung auf Handy.

Bei der Passauer Neuen Presse schaltete ich vor einigen Wochen den Benachrichtigungsdienst ein. Jetzt huschen die meistens schlechten Nachrichten gefühlt im 10-Minutentakt über meinen Bildschirm. Bei Nacht und Nebel wurde der Baum im Eberhofer-Kreisel in Frontenhausen von einem Baumfrevler umgehauen. Kennen wir aus NSV. Deutschland hat fertig. Eine andere Nachricht ließ mich aufhorchen: Ehepaar verliert bei Krypto-Betrug sechsstellige Summe.

Muss man mit Menschen Mitleid haben, die versuchen, ihr Geld durch Nichtstun zu vermehren und dann auf die Nase fallen? Ja und Nein. Kein Mitleid erregt die Logik, dass das Ehepaar auf die Betrüger durch eine Anzeige im Internet aufmerksam geworden sei. Unabhängig von Bildung, Alter und IT-Affinität sollte doch nun auch wirklich der letzte Deutsche sensibilisiert sein, dass das Netz Gefahren birgt. Bei der Aussicht auf Geld durch Nichtstun bleibt der Verstand aber leider oftmals auf der Strecke. Mitleid habe ich dann, wenn das Vermögen mit eigener Hände Arbeit hart verdient wurde und jetzt einfach weg ist. Und immer stelle ich die gleiche Frage: Gibt es in so einer Situation niemanden, von dem sie sich eine Zweitmeinung einholen konnten?

Die Cyber-Trading-Fraud-Masche der Betrüger ist völlig klar. Man wird dazu gebracht, kleine Beträge anzulegen. Für den Anleger scheint die Sache prompt zu funktionieren. Es fließen Gewinne. Man wird quasi angefüttert. Der Anleger fasst Vertrauen, bekommt Dollaraugen, holt zum großen Geldverdienen aus und sieht weder Gewinne noch sein investiertes Geld wieder.

Fazit: 100.000 Euro weg. Schade, dass PNP technisch nicht weiter ins Detail geht. Man hätte zumindest den Namen der Betrügerplattform nennen können, auch wenn die Bande ihre Plattform schon längst wieder geändert hat. Unsereins hätte das dennoch geholfen, weil wir – rein interessehalber – den Fall hätten detaillierter aufarbeiten können. 100.000 Euro hebt man ja nicht einfach bar ab, um es dann mit dem Auto zu den Betrügern zu transportieren. Es gab somit Überweisungen. Man fragt sich, warum die Logarithmen der beteiligten Bank nicht Alarm schlugen. Wenn die 85-jährige Oma auf den Enkeltrick reinfällt und bei der Bank erscheint, um eben mal 35.000 Euro abzuheben, dann wird jeder Bankangestellte stutzig und der Betrug verhindert. Also muss doch die Technik noch viel ausgefeilter sein. Wenn KI in Zukunft Sinn macht, dann in diesem Umfeld.

Das war jetzt die eine Seite der Medaille.

Im zweiten Teil des Beitrages wird dann in einem einzigen Satz darauf hingewiesen, dass sich die Betrüger dann auch noch „Fernwartezugriff“ auf die „Handys“ erschlichen hätten, um weitere 50.000 Euro ergaunern. Das Desaster ist komplett…

Jetzt war mein Interesse geweckt. Denn ich habe auch in meinem Umfeld einige Menschen, wo es IT-technisch „vom Boa weg“ fehlt. Da habe ich mir schon einige Male gewünscht, ich könnte live mitverfolgen, was die Leute gerade auf dem Mobiltelefon sehen und tippen, wenn sie im täglichen Gebrauch mit ihrem Mobiltelefon nicht mehr weiterkommen und um Hilfe bitten.

Gestern investierte ich eine Stunde und machte mit meinem iPhone den Selbsttest. Das Netz brachte mich auf Teamviewer. Logisch kenne ich die Software, bisher aber immer nur als Tool für den Remote-Zugriff auf andere PC’s. Aber auf die Idee, dass man damit auch auf Mobiltelefone zugreifen kann, war ich bisher nicht gekommen.

Zuerst einmal war ich überzeugt davon, dass es für diese Funktionalität eine Lizenz braucht und fiel beim Betrachten der Preise vom Glauben ab. Über 60 Euro im Monat? Ich wollte schon zur Tagesordnung übergehen und die Recherche abbrechen. Dann aber fragte ich mich, ob sich zu Teamviewer irgendwelche historischen Infos in meinem Vertragsmanager finden lassen. Und siehe da: Da schauten mich Account-Informationen und ein Lizenzschlüssel an. Mir war nicht erinnerlich, dass ich jemals bei Teamviewer Geld für eine Lizenz ausgegeben habe. Also lud ich mir von der Teamviewer-Seite die teamviewer.exe herunter und startete sie. Nachdem ich meine Anmeldung hinbekommen hatte, war ich das zweite Mal überrascht. Teamviewer zeigte automatisch die gültige Lizenz an. Jetzt sah ich auch, wo die Lizenz ihren Ursprung hat. Dann merkte ich, dass man die Software nicht einmal lokal starten muss. Es geht auch im Internet von der Teamviewer-Seite aus. Es wurde immer besser.

Im iPhone (oder iPad) muss ebenfalls eine App installiert sein: Teamviewer Quick Support. Eine kleine Einstellung hinsichtlich „Screen Recording“ war noch notwendig. Der Rest war/ist ein Kinderspiel. Die auf dem iPhone angezeigte ID wird auf dem PC eingegeben, dann muss man die Zugriffsanfrage auf dem iPhone bestätigen und die Verbindung steht. Das ist der Ausdruck vom PC, der mein iPhone zeigt:

Wie man links im Bildchen sieht, kann man mit dem Gegenüber chatten und auch sein Mikrofon einschalten, um zu sprechen. Coole Sache. Das eröffnet hinsichtlich des Supports der Bekannt- und Verwandtschaft neue Möglichkeiten. Man muss nur wissen, dass es bei Apple-Geräten nicht möglich ist, das iPhone zu „übernehmen“, um es selbst zu bedienen. Man kann lediglich sehen, was der andere tut und ihn anleiten. Pluspunkt für Apple. Denn im Hinblick auf unser Rottaler Ehepaar heißt das, dass sie keine iPhones nutzen, sondern offenbar Mobiltelefone mit Android-Software. Denn da lässt sich tatsächlich ein echter Fernwartungszugriff herstellen. Logischerweise ist das in beiden Welten supersicher. Aber eben nur so lange, wie sich die Nutzer nicht von Betrügern austricksen lassen.

Gestern hatte ich wieder einen Anruf von einer mit +31 beginnenden Telefonnummer. Habe ich Kontakte in die Niederlande? Eher nicht. Ignorieren wir diese Anrufe deshalb? Natürlich nicht. Wir gehen frisch ans Werk und nehmen das Gespräch an. Ein Asiate (vermutlich ein Chinese) versuchte, mit mir deutsch zu sprechen. Ich habe nur das Wort „Computer“ gehört und wusste schon, worum es geht: Ein vermeintlicher Microsoft-Mitarbeiter möchte sich per Fernzugriff doch gerne einmal meinen PC anschauen. Ich habe nur „Quatsch“ gesagt und aufgelegt. Mit einem echten deutschsprachigen Menschen auf der anderen Seite hätte ich es eventuell auf die Spitze getrieben und sein technisches Wissen getestet. Ich hätte dann zum Beispiel gefragt, welcher Computer zu checken ist, denn ich hätte drei davon (was nicht stimmt, denn ich besitze – genau genommen – nicht einmal einein einzigen). Das Deutsch des Chinesen war aber so schlecht, dass mir jede Kommunikation sinnlos erschien.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen