Donnerstag, 15. Mai 2025, Frugalismus, ovb-Interview: Mit 40 in die Rente.

https://www.ovb-online.de/weltspiegel/wirtschaft/regionales/mit-40-in-rente-so-geht-wie-frugalist-florian-wagner-finanziell-unabhaengig-wurde-93651385.html

In Neumarkt-Sankt Veit ist die Lokalpolitik in allseitigem Einvernehmen offenbar eingestellt worden. Statistisch findet sich auf 19 von 20 Lokalseiten keine lokalpolitischen Themen mehr. Manchmal habe ich das Gefühl, dass in drei aufeinanderfolgenden Lokalseiten überhaupt kein Beitrag über Neumarkt-Sankt Veit mehr zu finden ist. Der ovb hat aber auch nicht den Mumm, die Lokalseite in der Überschrift dann einfach auf “Oberbergkirchen” abzuändern, wenn ein Beitrag der Nachbargemeinde erscheint.

Stattdessen las ich am gestrigen Mittwoch ein Interview des ovb mit dem Frugalisten Florian Wegner. Als ich dann unter ovb-online den Artikel zwecks Verlinkung finden wollte, scheiterte ich zunächst. Dann fand ich ihn – er war schon am 02.04. erschienen. Seltsame Logik.

“Mit 40 in die Rente.”

Schon die Überschrift ist irreführend. Man kann mit 40 nicht “in Rente” gehen. Man kann aufhören zu arbeiten. Eine Rente bekommt man dann aber für viele Jahre nicht – zumindest nicht vom Staat. Vielleicht bekommt man auf angelegtes Geld Renditen. Das macht einen Menschen aber nicht zum Frugalisten.

Definition: Frugalismus ist ein Lebensstil und eine finanzielle Philosophie, die darauf abzielt, durch bewussten Konsumverzicht finanzielle Freiheit zu erlangen.

Was bedeutet “bewusster Konsumverzicht”? Ich schätze, dass 80% der Menschen bzw. Familien mehr monatliches Einkommen haben, als sie zum Leben brauchen. Es bleibt somit Geld übrig. Manchmal mehr, manchmal weniger. Dieses Geld wird nicht in Konsum investiert, sondern zurückgelegt. Auch das ist bewusster Konsumverzicht, macht aber 80% der Menschen nicht zu Frugalisten.

Der Begriff Frugalismus leitet sich vom lateinischen Wort frugalis ab, was so viel bedeutet wie „einfach“, „sparsam“ oder „maßvoll“. Ziel ist es, mit weniger Geld auszukommen, die Ausgaben deutlich zu reduzieren, klug zu investieren – und dadurch oft früher in Rente gehen zu können oder sich mehr Lebenszeit für die wirklich wichtigen Dinge zu verschaffen.

Ich schätze, dass (wiederum) 80% der Menschen “maßvoll” leben. Wenn also Frugalisten offensichtlich aus einer luxuriösen Ecke kommen, plötzlich maßvoll leben und sich dann als Frugalisten bezeichnen, dann scheint mir das eher eine Modeerscheinung der Upper Class zu sein.

Ich will keinen Verzicht.

Jetzt werden die Karten auf den Tisch gelegt. Nicht mehr arbeiten, aber gleichzeitig auf nichts verzichten vollen. Die Sache reduziert sich jetzt auf reine Mathematik. Was werfen die ETF’s ab? Was brauche ich demgegenüber zum Leben? Über dieses Zahlenspiel hätte ich sehr gern etwas gelesen, nur leider kommt der ovb-Bericht komplett und faktenfrei ohne Zahlen aus. Wie hält es Wegner mit der Familie, mit Autos, mit Urlaub und mit der Krankenversicherung? Wieviel Geld spendet er an gemeinnützige Organisationen? Der ovb stellt keine einzige kritische Frage, was aber nichts Neues ist.

Verzichtet unser Frugalist in einem finalen Anflug von „Einfachheit“ letztlich auf die gesetzliche Rente? Nach meinen Berechnungen erwirtschaftet er bei einem geschätzten Ingenieurs-Jahresgehalt von 75.000 Euro ungefähr 1,5 Rentenpunkte pro Jahr, und dies über 18 Jahre (ab Ende Studium, Arbeitseintritt mit 22 Jahren). Das bringt ihm ungefähr 1.000 Euro Bruttorente ein. Wegner erklärt uns, wie man mit ETF’s langfristig – auf der Couch sitzend – immer Geld verdient, während sich andere in der Produktionshalle für ihn aufarbeiten. Auskömmlich scheint das Konzept jedenfalls zu sein. Als Gegenleistung für seine unsoziale Art, sich bei der Rentenfinanzierung nicht am Generationenvertrag zu beteiligen, weil er keine Familie gründet und auch nicht daran denkt, 45 oder mehr Jahre zu arbeiten, stünde es ihm gut zu Gesicht, auf die gesetzliche Rente zu verzichten. Und er könnte uns aufzeigen, wer ihn im Alter pflegt, auf seine eigenen Kosten, hoffentlich.

Für ihn und seinesgleichen sollten die Türen des Sozialamtes fest verschlossen sein.


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