
Vor zwei Wochen hätte ich noch gedacht, dass Franzenbsbad früher bestimmt einmal eine deutsche Stadt war. Das ist aber nicht so. Die Stadt gehörte – vereinfacht ausgedrückt – zur österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie.
Das lernt man alles, wenn man verreist – und sei es nur für eine kurze Zeit.

Franzensbad – gelegen im westböhmischen Bäderdreieck nahe der deutschen Grenze – hat keine großartig lange historische Vergangenheit. Es wurde 1793 gegründet und nach Kaiser Franz (1768-1835) benannt. Er hieß zunächst Franz II. als römisch-deutscher Kaiser und und dann Franz I. als Kaiser von Österreich.

Die Quellen wurden schon seit dem 15. Jahrhundert als heilend bezeichnet. Aber erst 1793 wurde die Kurkolonie gegründet. Es gab zunächst nur ein Badehaus, einen Trinkbrunnen, eine Gastwirtschaft und ein paar Spazierwege.

Mit Karlsbad konnte Franzensbad nicht mithalten. Das lag auch daran, dass es rund um die Kurkolonie nur eine karge wüstenähnliche Landschaft gab.
Hier kam Gustav Wiedermann ins Spiel. Er gründete 1889 den Anbau- und Verschönerungsverein, um die touristische Anziehungskraft des Ortes zu verbessern. Denn auch die Kurgäste monierten die triste Umgebung.

Das war eine geniale Idee, von der all die vielen heutigen Kurgäste und die wenigen Touristen (wir) profitieren, denn die Vielfalt und Weitläufigkeit der damals angelegten Parks mit ihren beindruckenden Baumriesen ist einzigartig. Wiedermann ließ aber nicht nur die Gelände aufforsten – er ließ auch überall Statuen und historische Monumente errichten. Diese Kombination war für den Ort sgensreich.

Goethe, Beethoven und Kaiserin Sissi wussten die heilsame Wirkung der Mineralquellen und die ruhige Eleganz der Stadt zu schätzen. Ob Beethoven hier seine Schwerhörigkeit lindern konnte, wage ich aber zu bezweifeln.

Die Stadt ist vollständig auf Kurgäste ausgerichtet. Mein Eindruck ist, dass die meisten Gäste aus Deutschland und hier insbesondere aus den neuen Bundesländern kommen. Gäste aus anderen euopäischen Ländern fielen mir während unseres zweitägigen Aufenthaltes nicht auf.

Seit 2021 ist Franzensbad Teil des UNESCO-Welterbes „Great Spa Towns of Europe“ – zusammen mit Städten wie Baden-Baden oder Karlsbad.
Heilquellen, Moor und moderne Medizin

Der eigentliche Reichtum Franzensbads liegt unter der Erde: über 20 Mineralquellen sprudeln aus dem Boden. Die salz- und kohlensäurehaltigen Quellen werden vor allem zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gynäkologischen Leiden und Bewegungsstörungen eingesetzt. Das Wasser schmeckt ganz anders als man es von Trinkwasser gewohnt ist.

Auf Grund der Inhaltsstoffe soll man auch nicht zu viel davon trinken. Wir probierten ein paar Trinkbrunnen aus und nahmen überall nur ein, zwei Schlucke.
Von Anwendungen wie Gasinjektionen, Kohlensäurebädern, Moorpackungen und Parafinbädern für die Hände sind wir aber noch weit entfernt. Der Altersdurchschnitt der Kurgäste dürfte bei 80 Jahren liegen.
Die Innenstadt ist verkehrsberuhigt. Das Befahren ist nur gegen Gebühr erlaubt.

“Trotz seiner historischen Prägung hat sich Franzensbad nie überholt. Im Gegenteil: In einer Zeit, in der viele Menschen unter dem Druck der Leistungsgesellschaft leiden, gewinnt die Idee des bewussten Rückzugs erneut an Bedeutung. Franzensbad bietet genau das – keine Reizüberflutung, keine Hektik, sondern stille Wege, gesunde Luft und therapeutische Kompetenz.”
Hier übertreibt die Werbung. Wer als Kurgast hierherkommt, hat die Leistungsgesellschaft schon lange hinter sich gelassen.

Dieser alte Kasten ist noch zu haben. Ein paar Millionen Euro Sanierungskosten – und schon kann das fröhliche Geldverdienen losgehen. Vorteil: Man muss hier niemanden “herauskündigen”, weil unbewohnt.
Wir selbst bevorzugten ein kleines Schlösschen.



Hätten wir den Termin für unseren Besuch selbst bestimmen können, dann hätten wir wohl eher nächstes Wochenende vorbeigeschaut. Denn dann beginnt die offizielle Kursaison mit einem großen Fest. Wer also nichts vorhat, sollte am Freitag und Samstag in Franzensbad sein.
Entdecken Sie mehr von Michael Behrens
Subscribe to get the latest posts sent to your email.