Montag, 30. Dezember 2024, Dahme-Spreewald: Friedhofsverwaltung und Polizei entfernen Tausende Grablichter.

https://www.maz-online.de/lokales/dahme-spreewald/waldfriedhof-halbe-tausende-grabkerzen-entfernt-polizei-beendet-aktion-auf-kriegsgraeberstaette-in-5ZU7LNQF3BGRRCAKPUD66HXWP4.html

Als ich mir den Zeitungsartikel der MAZ (Märkische Allgemeine Zeitung) durchlas, musste ich schmunzelnd an unsere ovb-Zeitung denken. Der Artikel war einfach nichtssagend und zwingt den geneigten Leser, sich auf Twitter bzw. Facebook die fehlenden Informationen zusammenzusuchen.

Wer sich die anstehende Recherchearbeit sparen möchte, für den fasse ich die Aktion der Polizei in kürzest möglicher Weise zusammen: In Halbe gibt es eine 7ha große Kriegsgräberstätte, die an die 24.000 Opfer der Kesselschlacht von Halbe, die sich gegen Ende des zweiten Weltkrieges ereignete, erinnert. Im Rahmen einer Gedenkveranstaltung wurden Tausende Grablichter platziert. Die Friedhofsverwaltung hat die Grablichter nun entsorgt, was das Netz zum Schäumen bringt: So ehren wir unsere gefallenen Soldaten. Schämen sollte man sich. Deutschland am Ende.

Das Netz schäumt vor Wut.

Jetzt denke ich aber eher rational. Wenn die Grablichter heruntergebrannt waren, gehören sie entsorgt. Das ist ein ganz normaler Vorgang. Aber wozu – in aller Welt – braucht es hierfür die Polizei, die auch noch betont, dass das Aufstellen von Grablichtern keinen Straftatbestand darstellt? Die Polizei sei im Rahmen ihrer Streifentätigkeit und wegen Zeugenaussagen vor Ort gewesen. Was könnten Zeugen denn so Schlimmes gemeldet haben? Weil auch Blumen entfernt wurden, frage ich mich ernsthaft, welche Friedhofsordnung das Ablegen von Blumen auf Kriegsgräbern untersagt.

Noch wirrer ist die Aussage, es gebe kein Bekennerschreiben. Wie jetzt. Ich muss ein Bekennerschreiben hinterlassen, wenn ich auf einer Kriegsgräberstätte ein Grablicht und/oder Blumen hinterlasse?

Ob ein politisch motivierter Hintergrund vorliegt, sei laut Polizeisprecherin Ines Filohn unklar. Wir merken uns: Wenn ich auf dem Neumarkt-Sankt Veiter Friedhof ein LED-Licht auf einem Grab eines Gestorbenen aufstelle, von dem ich weiß, dass er in der Wehrmacht gedient hat, muss ich ein Bekennerschreiben beilegen, aus dem hervorgeht, dass dies auf gar keinen Fall politisch motiviert geschieht? Das ist grotesk.

Erst Zeitung lesen, dann recherchieren.

Und so springen wir zunächst auf Facebook und schauen uns die Stellungnahme der Plattform „Deutschlands Kriege und seine Soldaten 1813-1945“ an. Und erst hier erfahren wir den gesamten Hintergrund. Die MAZ hätte damit glänzen können, sich den Text genau anzuschauen und auch zu deuten. Stattdessen wurde nur ein kleiner Auszug auf die Online-Seite gebracht. Und das ist nur die halbe Wahrheit. Beispielsweise geben die Organisatoren an, die Absicht gehabt zu haben, die Lichter am Jahresende wieder einzusammeln, was durchaus Sinn hat, weil es sich um LED-Lichter handelt, die wiederbenutzbar sind.

Jetzt werden sie offensichtlich dem Elektroschrott zugeführt, weil eine Batterie mit von der Partie. Es dürfte recht aufwändig sein, Tausende Lichter von ihren Batterien zu befreien, die bei einer Leuchtdauer von bis zu 30 Tagen noch weiterverwendet werden können. Der Friedhofsverwaltung muss das vielleicht mal jemand stecken: Erst ausschalten, dann Batterie entfernen, Batterien für zukünftige Zwecke lagern. Und auch die Grablichter selbst könnten, wenn man denn seine Friedhofsordnung entsprechend justiert, friedhofsordnungs-kompatibel wieder genutzt werden. Dazu dürfte man sie aber nicht – wie im MAZ-Artikel zu sehen – freudlos in den Container schmeißen, so wie es ausschaut, noch leuchtend.

Wir denken weiter nach. Was hielt die Organisatoren davon ab, die Aktion vorab mit der Friedhofsverwaltung zu besprechen? Wir ahnen die Antwort. Man wusste, dass die Aktion der Friedhofsordnung widerspricht. Aber warum nur lässt der Staat hier den Amtsschimmel wiehern und untersagt diese Art der Toten-Ehrung, zumal es sich um deutsche Soldaten handelt, die meisten blutjung und unschuldig in den Tod geschickt?

Hier kommen die möglichen Antworten:

Brandgefahr: Offene Flammen können, besonders bei trockener Witterung, eine erhebliche Brandgefahr darstellen. Aus diesem Grund verbieten viele Friedhofsverwaltungen offene Grablichter oder empfehlen die Verwendung von geschlossenen Grablaternen.

Erhalt der Würde und Einheitlichkeit: Kriegsgräberstätten sind Orte des kollektiven Gedenkens und Erinnerns. Individuelle Dekorationen wie Grablichter könnten die einheitliche Gestaltung und die Würde dieser Gedenkstätten beeinträchtigen. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge betont die Bedeutung einer würdigen und einheitlichen Gestaltung solcher Stätten.

Pflege und Instandhaltung: Zusätzliche Gegenstände auf den Gräbern können die Pflege und den Erhalt der Kriegsgräberstätten erschweren. Dies ist besonders relevant, da der Erhalt dieser Gräber eine im Grundgesetz verankerte staatliche Aufgabe ist, die zumeist auf kommunaler Ebene wahrgenommen wird.

Und jetzt darf jeder Leser selbst überlegen, wie er die Aktion der Organisatoren und die Antwort der Friedhofsverwaltung darauf bewertet.

Fazit

Ein Schritt von jeder Seite aufeinander zu hätte die sinnlose und umweltbelastende Verschrottungsaktion von Elektromüll vermieden. In jedem anderen Land der Erde hätte die zuständige Friedhofsverwaltung beide Augen zugedrückt. Nur in Deutschland rückt wegen so etwas die Polizei an. Und vielleicht in Arlington bei Washington. Oder sieht jemand auf dem Bild irgendwo ein Grablicht stehen?


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