Weiß Scholz eigentlich, dass wir uns im Ringen um kenianische IT-Fachkräfte im Wettbewerb mit solchen Kleinstfirmen wie Google, Apple und Microsoft befinden? Nein, weiß er offenbar nicht. Denn wir lesen nichts darüber, welche Lockmittel Deutschland einsetzen möchte, um die IT-Masais zu uns zu bringen. Das Bürgergeld im Falle von Arbeitslosigkeit? Fehlende Wohnungen? Zu wenige Kindergartenplätze? Fehlende Lehrer in der Schule? Mangelnde innere Sicherheit? Marode Brücken? LGBT-Irgendwas als Allzweckwaffe?
Scholz spricht davon, dass Kenia unglaublich viele IT-Experten habe. Gut, dass er das Wort ‚unglaublich‘ gleich mit in seine Aussage einbaut, denn ich glaube immer an das Gegenteil von dem, was mir der Bundeskanzler sagt. Und ich glaube auch nicht, dass uns die Sache mit Kenia etwas nutzt.
Ich weiß nicht, ob er es schon wusste: IT-Experten können von überall aus arbeiten. Kenianer müssen nicht nach Deutschland kommen, um für Deutschland einen Mehrwert darzustellen. Nichts sprach/spricht dagegen, dass deutsche Firmen seit Jahren Dienste kenianischer IT-Experten in Anspruch nehmen. Gehört habe ich davon aber noch nie etwas. Aber ich bin ja auch schon alt, und „IT“ sagt mir nur ganz entfernt etwas.
Aber ich kann lesen. Also habe ich mir einen ntv-Artikel aus 2023 angeschaut. Man findet die Seltsamkeiten erst bei der dritten Lesung. Man stelle sich vor: In der Hauptstadt Nairobi gibt es Hochhäuser. 2023 befürchteten Kritiker durch die Abwanderung von IT-Kräften noch einen „Brain Drain“ (wörtlich: Den Abfluss von Gehirn), jetzt natürlich nicht mehr. Mit Blick auf die Konkurrenz glaubte Ostafrika-Experte Asmau Nitardy 2023 noch, dass Deutschland im Bemühen um IT-Experten „keine guten Karten“ habe.
Wonach Scholz auch immer der Sinn steht, wenn er an Kenia denkt: Die großen Infrastrukturprojekte haben die Chinesen bereits erledigt. Folglich haben sie auch die Hand auf den Rohstoffen, wie Eisen, Gold, Kupfer, Titan und seltene Erden. Die EU sieht das anders. Wir kommen gleich noch dazu.
Jenachdem, wie man seine Suchbegriffe zu Kenia im google gestaltet, erhält man positive oder negative Nachrichten.
Wenn man sich den Bericht von medico.de durchliest, stößt man auf die üblichen afrikanischen Probleme: Verlorengegangene Ernährungssouveränität und Slums, so weit das Auge reicht, natürlich in Sichtweite der schon beschriebenen Hochhäuser. Kenia hat mit der EU ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen abgeschlossen, das dem Geschäftsführer der East African Community, Edgar Odari vorkam, als klingele da das „Totenglöckchen für die regionale wirtschaftliche Integration“. Denn die EU hat sich – wir ahnen es – mit dem Abkommen auch den Zugriff auf Rohstoffe gesichert.
Nichts anderes vermute ich auch beim jetztigen Abkommen zwischen der Bundesregierung und Kenia. Migration kann hier nicht wirklich eine Rolle spielen. Von 818 ausreisepflichtigen Flüchtlingen sind für 738 die Abschiebungen vorübergehend ausgesetzt. Darf man dafür den Grund erfahren? Darf man überhaupt erfahren, warum Kenianer aus politischen Gründen aus ihrem Land flüchten, wenn die Bundesregierung doch gleichzeitig einen auf dicke Freundschaft mit dem ostafrikanischen Land macht? Was will uns Kenias Präsident Ruto sagen, sein Land habe ein großes „Humankapital“?
Humankapital? Klingt noch schlimmer als „Ressource“.
Wenn 55 Millionen Menschen in Kenia ein großes Humankaptial darstellen, wie würde Ruto dann Deutschland mit 84 Millionen Menschen bezeichnen? Ich sage die Antwort voraus: Als Altersheim. Denn in Kenia liegt das durchschnittliche Alter der Menschen bei 20 Jahren, bei uns bei 48. Die Arbeitslosenquote ist mit etwa 5,5% mit der unseren vergleichbar. Wo also sollen die IT-Kräfte, die unbedingt nach Deutschland wollen, zu finden sein? Das weiß die Bundesregierung selbst nicht, weshalb man ab dem 27. September in Nairobi eine Jobmesse veranstalten will. Und weil die Kenianer ja so jung sind und somit wenig Pflegekräfte brauchen, wir dagegen aber so derart vergreisen, hofft die Bundesregierung, ausgebildete Pflegekräfte nach Deutschland holen zu können. Hoffentlich sind sie kenianischen Pflegekräfte schon fleißtig am Deutsch lernen.
Die Bundesregierung kann nicht erklären, warum es das Abkommen braucht, wenn doch seit November 2023 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz mit samt der „blauen Karte“ gilt. Hat nicht gewirkt? Kenia hat nicht zugehört? Alles auf Anfang? Weiter geht es, mit Aktionismus?
Genau mein Humor.
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