Zunächst war ich irritiert, dass ich Schwierigkeiten hatte, überhaupt einen funktionierenden Link zu finden, um dem Gespräch zu lauschen. Die Fehlermeldungen stapelten sich. Die Empfehlung, meinen PC neu zu starten, ignorierte ich geflissentlich. Als ich es dann endlich – mit zehn Minuten Verspätung – geschafft hatte, war die nächste Überraschung, dass das Gespräch nur ein Audio-Stream war. Die zwei Protagonisten waren nicht zu sehen. Noch schlimmer: Ich war auf einen Kanal geraten, bei dem Simultanübersetzer am Werke waren. Die weibliche Stimme war unerträglich. Ich musste mir eine andere Plattform suchen.
Irgendwann war ich so weit, dass ich bereit war, mich den Inhalten zu widmen. Ich war gespannt, wie fließend ihr Englisch wohl sein wird. Kurzum: Es war mehr als holprig. Dazu kam, dass es in dem Gespräch keinen Leitfaden gab, an dem sich beide hätten entlanghangeln können. Es war ein seichtes Gespräch, ohne viel Tiefgang. Ich hatte gehofft, dass sie sich mal so richtig die deutschen Medien vorknöpft. Der Eindruck war jedoch, dass sich keiner der beiden vorbereitet hatte. Sie waren wohl der Meinung gewesen, man könne so ein Event aus dem Ärmel schütteln. Musk konnte das egal sein. Er hat nichts zu verlieren. Weidel dagegen hat eine Wahl zu verlieren. Insofern hat sie enttäuscht.
Yes, absolutely.
Den zynisch reagierenden Medien muss ich in ihrer vorgebrachten Kritik beinahe beipflichten. Die inflationäre Nutzung von „yes, absolutely“ als Reaktion auf Musks Äußerungen war mir auch aufgefallen. Das lag eindeutig an ihrem begrenzten Wortschatz. Für ein solches Gespräch hätte ich mein altes Eric-Blum-Englischlehrer-Englisch wieder aufpoliert. Es gibt so viele Floskeln, um die Aussage des Gegenübers zu bejahen.
Manchmal hatte ich auch das Gefühl, sie hat Musk nicht immer verstanden. Ich hätte hier gleich am Anfang die Initiative ergriffen und auf meine limitiertes Englisch hingewiesen. Ich hätte ihn außerdem gebeten, langsamer zu sprechen. Und ich hätte mich auch mit einem Knopf im Ohr ausgestattet, wo mir ein Übersetzer hilft, damit ich mich weniger auf Musks Aussagen konzentrieren muss, einfach um Zeit zu gewinne, um meine eigenen Sätze besser zu formulieren.
Sie bezeichnete Hitler als „communist socialist guy“. Das war der Tiefpunkt des Gespräches. Ihr war offensichtlich das Wort „felon“ für Schwerverbrecher nicht eingefallen. Gerne hätte sie auch „leftist“ oder „far left guy“ sagen können. Aber diese Wortwahl war unpassend. Auf X gibt es jetzt Zauberer, die versuchen, die Verbindungen der Nationalsozialisten zu den Kommunisten mit Beispielen zu hinterfüttern. Aber es bleibt abwegig. Wir wissen, dass sowohl Kommunisten als auch die Nationalsozialisten die Juden abgrundtief hassten. Man kann auch sagen, dass Kommunisten schon mal gern gegen Kommunisten Krieg führen, wenn es denn den eigenen Interessen dienlich ist. Dass aber im zweiten Weltkrieg deutsche Kommunisten (Nazis) gegen sowjetische Kommunisten Krieg führten – das wäre mir tatsächlich neu. Die These von Hitler als Kommunist ist nicht haltbar.
Hitler ein Kommunist?
Alles in allem war ich von Weidels Performance enttäuscht. Wenn sie mit diesem Gespräch tatsächlich den Plan verfolgte, die Umfragen für sich selbst und die AfD zu verbessern, hat sie diese Chance vertan. Man kann es auch noch drastischer formulieren: Sie hat es vermasselt. Zum Glück war nach 75 Minuten Schluss. Zwei Stunden hätte ich das nicht ausgehalten, denn schon nach einer halben Stunde hatte ich das Gefühl, dass den beiden die Themen ausgehen.
Ich habe mit dem Blog noch gewartet, um mir auf X die Reaktionen anzuschauen. Auf AfD-nahen Plattformen wird sie gefeiert, was mir realitätsfremd erscheint. Wenn man einen Rest an Unvoreingenommenheit besitzt, muss man zugeben, dass dieses Gespräch nicht hilfreich war. Zum Glück ist sie für das Gespräch nicht extra in die Staaten geflogen.
Die Sache zeigt, dass Spitzenpolitiker offensichtlich kein Team hinter sich haben. Hätten da nur zwei, drei Leute die Köpfe zusammengesteckt und eine Strategie entwickelt, wäre das Gespräch strukturiert abgelaufen und hätte ein Erfolg sein können.
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