Dienstag, 11. Juni 2024, Antipatriarchischer Kommentar: Der toxisch mänliche Bildschirm auf ihrem Tisch.

Ich musste den Artikel in der Wirtschaftswoche ungefähr fünfmal durchlesen, um mir ein Urteil zu erlauben, wie man ihn verstehen soll: Als Schmähschrift gegen patriarchische Männer, oder als Seitenhieb gegen den allgegenwärtigen Feminismus, der in jedem Schräubchen die toxische Männlichkeit sieht? Ich kam mit mir überein, die Sache als Satire zu bewerten, also eher als Kritik am grassierenden Gleichstellungs- und Wokeismus-Fanatismus. Also ruhig erst einmal den Artikel wirken lassen, um dann hier weiterzulesen, über mögliche Parallelen zwischen mir und ihr.

Interessant ist der Artikel allemal, weil er sich mit einem für Schreibtischtäter höchst wichtigem Equipment befasst: Dem eigenen Schreibtisch. Und dieses Equipment samt technischer Ausstattung ist mir genau so lieb und teuer wie Varinia Bernau, der Verfasserin des Artikels in der Wirtschaftswoche. Deshalb schaue ich mir ihn (den Schreibtisch) genauso kritisch an wie sie.

Der Hauptunterschied zwischen ihr und mir liegt darin, dass ich nicht hilflos zusehen muss, wie nach der Mittagspause plötzlich ein riesiger, patriarchisch wirkender, Bildschirm auf dem Schreibtisch steht.

Ich muss nicht akzeptieren, dass die Kamera auf dem Bildschirm falsch installiert ist. Ich muss mich nicht darüber aufregen, dass der Bürostuhl nicht passt – weil für Männer konstruiert. Auch den dunklen Verdacht, dass die Klimaanlage für Anzugträger konzipiert ist, muss ich nicht haben. Und ich brauche keinen „jungen Kollegen“, der ihr aus der Patsche hilft.

Spätestens nach diesem letzten Brüller wusste ich, dass Frau Bernau hier eine ganz feine Klinge schwingt. Sie entgeht dem Shitstorm der Feministen, weil sie ihren Spott subtil herüber-, ihre Nachricht aber dennoch an den Mann bringt. Respekt. Dass sie ihre ganze Arbeitszeit damit verbringt, Texte zu lesen, zu schreiben und zu bearbeiten, wirkt indes ein wenig eintönig. Bei den Möglichkeiten eines großen Bildschirms denkt sie zuerst an das Spielen von Minecraft. Aber gut, ich hatte ja entschieden, ihren Text in seiner kompletten Ausprägung als Satire zu verstehen. Da möchte ich mir jetzt selbst auch treu bleiben.

Subtile Satire über das sehr ernste Feminismus-Thema

Ich muss auch deshalb schmunzeln, weil ich nach 25 Jahren letztens meinen guten alten Homeoffice-Schreibtisch entsorgte. Nur die geliebte Schreibtischplatte überlebte. In einer konzertieren Aktion montierte ich sie auf ein neues höhenverstellbares Gestell, dass selbstverständlich in Einzelteilen geliefert wurde. Die Umbauaktion dauerte gefühlte acht Stunden, weil ja auch die komplette Verkabelung allen Equipments neu zu verlegen war, und zwar so, dass sie am Ende der Installation möglichst unsichtbar ist. Da waren folgende Fähigkeiten gefragt: Physische Power, Logik, strukturiertes Vorgehen, Kenntnisse in der Elektrik und Ausdauer. Und schließlich und endlich musste ich auch noch die Höhenverstellungslogik programmieren. Und als ich fertig war, gab es einen Knall. Sicherung und FI-Schalter hatten ausgelöst. Ursache: Defekte Dockingstation, wodurch auch immer verursacht. Die Dockingstation ist die mechanische und geistige Schaltzentrale für den Anschluss von Laptop, Bildschirmen, USB-Kabeln, Switch, usw.- das über allem stehende Hirn, also auf Rang 2 der Intelligenzskette – nach mir.

Mir fällt – mit Verlaub – gerade keine weibliche Person in meinem Umfeld ein, die all das hinbekommen hätte. Deswegen auch das Schmunzeln über Bernaus finale Aussage, ein Mann hätte ihr letztlich den Schreibtisch frauengerecht eingerichtet. Wir sind somit gar nicht so böse, wie wir rüberkommen. Ich habe mich ja schließlich auch um das Mini-Homeoffice für meine Frau in der Wohnstube gekümmert.

Mit dem Schreibtisch habe ich auch eine lange währende Blockade in meinem Kopf gelöst. Ich war überzeugt davon, dass ich nur im Sitzen denken und auch nur im Sitzen tippen kann. Das schaut jetzt anders aus. Wann immer es geht, lasse ich den Schreibtisch nach oben fahren und arbeite im Stehen. Karrierebibel.de bestärkt mich in der Entscheidung, dass dies gesundheitliche Vorteile bringt.


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