
Der ovb brachte gestern einen Bericht über die Pläne der CSU, einen jungen Bürgermeisterkandidaten zu nominieren. Ich hätte den Bericht heute auf der Neumarkt-Sankt Veiter Lokalseite im ovb erwartet, der ovb druckt ihn aber nicht ab. Schauen wir uns die Argumente des 25-jährigen Bewerbers genauer an und starten – Überraschung – ganz oben. ovb schreibt:
„Er steht für den Neuanfang“
Das ist interessant, denn der jetzige OV hatte am 1.9. in seinem Pressestatement zu seinem Rückzug folgendes gesagt:
„Es gibt noch viel zu tun, um für die Zukunft und für die nachfolgenden Verantwortungsträger möglichst die richtigen Weichenstellungen vorzubereiten.“
Der scheidende OV möchte jetzt schon/noch die Weichen für die Zukunft stellen, der andere spricht von Neuanfang. Passt das zusammen? Haben die zwei einmal miteinander gesprochen?
Zu den Konflikten rund um Fabrizio Chinarello lesen wir:
„Sie (die Konflikte, Anm. d. Blog-Red.) gehörten der Vergangenheit an!“
Klingt komisch. Die Richtigkeit der Zeitform dieses Satzes würde Frau Gärtner, meine ehemalige Deutschlehrerin, in Frage stellen. Präsens wäre hier angesagt, oder die indirekte Rede. Und ob über die Konflikte (gleich mehrere?) der Mantel des Schweigens gehüllt werden kann, wird die Abstimmung am heutigen Montag in Teising beim Gasthof Maier zeigen.
„Beim ersten Mal war er gerade mal 26 Jahre jung, beim zweiten Mal war er dann schon 30,…“
Die Rede ist hier von Michael Kulhanek, der 2014 antrat und unterlag. 2020 zog er seine Kandidatur kurz vor der Stichwahl zurück. Der designierte Bürgermeisterkandidat Stefan Streck nimmt das als positives Signal mit. Eine Niederlage und ein Desaster als Steilvorlage für einen 25-jährigen Kandidaten? Da möchte ich doch gleich einmal den einen Online-Kommentar auf den Bericht auf der ovb-Seite zitieren. Jemand, der sich „Fichtenhauer“ nennt, fasst wie folgt zusammen:
Der ist doch gerade erst aus dem Ei geschlüpft. Der soll mal Lebenserfahrung sammeln, bevor er solch ein Amt anstrebt!
Man sieht schon an dem verwendeten Ausrufezeichen, dass das von mir nicht kommen kann. Mit dem Wort „Der“ würde ich einen Satz auch nicht einleiten. „Der“ ist Wagenschmiere – wurde mir von meinem Elternhaus eingebläut. So würde ich nicht sprechen und nicht schreiben.
Aber tatsächlich haben Lebenserfahrung und die daraus resultierende Altersweisheit bei mir einen großen Stellenwert. Und das sage ich nicht nur so dahin. Davon bin ich aus eigener Erfahrung überzeugt. Mit 25 Jahren hätte ich mir niemals zugetraut, Fußballtrainer zu sein. Ich musste erst 40 Jahre alt werden. Und ich habe auch dann noch jede Menge Fehler gemacht. Erst jetzt, wiederum fast 20 Jahre später spüre ich die eigentlich für so einen Job notwendige Reife, eine Mannschaft fehlerfrei zu betreuen. Und Neumarkt-Sankt Veit ist einze ziemlich große Mannschaft, die hier ein 25-jähriger in den Griff bekommen möchte.
Die Kommunalwahlen 2014 und 2020 taugen als Vergleich nicht.
Tatsächlich muss man die Kandidaturen Kulhaneks und die jetzige Nominierung ein wenig voneinander trennen. Michael Kulhanek hatte einen starken Mentor, der ihm vor, während und nach den zwei Kandidaturen über alle Hochs und Tiefs hinweghalf: Den jetzigen Landrat Max Heimerl. Ich bin heute – bei der Nominierungsveranstaltung – gespannt, ob ich diesen Unterstützergeist eines Max Heimerl spüre.
Und ich habe noch einmal überlegt, wie alt M. Kulhanek bei den Kommunalwahlen 2014 und 2020 tatsächlich war. Die Datenlage – und bei so etwas kann ich mich auf mich recht gut verlassen, sagt, dass er zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alt war, und nicht 26. Das macht auch deshalb Sinn, weil die Kommunalwahl aller sechs Jahre stattfindet. Ein Mensch altert zwischen zwei Kommunalwahlen somit um sechs Jahre und nicht um vier.
Ist das Rennen völlig offen?
Der Kandidat bejaht diese Frage. Von den drei Interessenten (Peter Hobmaier, Thomas Döring und er) haben die ersteren beiden durch ihre bisherige Stadtratsarbeit sicherlich Wettbewerbsvorteile.
Beim Grünen-Stadtrat Döring bin ich mir nicht ganz sicher, welche Auswirkungen die Gründung des grünen Ortsverbandes hat. Man müsste meinen, dass das hilft. Allerdings ist der grüne Ortsverband nicht präsent. Ich lese und höre nichts von ihm. Und Thomas Döring hat im Ortsverband keine Position. Das Konstrukt kommt mir ein wenig seltsam vor. Zudem sinkt im Allgemeinen der Stern der Grünen. Aber auch hier kommt wieder ein seltsames Deutsch ins Spiel:
„Und auch Thomas Döring von den Grünen hatte sich überlegt, als für das Bürgermeisteramt zu kandidieren.„
Was macht das Wörtchen „als“ in dem Satz? Ich sage ja immer: Zu langes Feilen an einem Satz ist nicht gut, denn dann geht er schief.
Und was heißt: „hatte sich überlegt“? Das klingt jetzt so, als wären die Überlegungen zu Ende. Eigentlich befindet sich in einem deutschen Satz, der so startet, irgendwo ein „aber“. Ungefähr so: Er hatte sich überlegt ein Auto zu kaufen, verwarf diese Idee aber wieder. Das klingt logisch. Da wird man schlau draus.
Nach welchen Kriterien entscheiden Neumarkter beim Wählen?
Wir wissen eines: Rational lassen sich die Wahlentscheidungen der Neumarkt-Sankt Veiter nicht erklären. Es hat deshalb eher keinen Sinn, darauf hinzuweisen, dass ich als CSU-Mitglied von Stefan Streck keine einzige kommunalpolitische Aussage kenne. Aber das ist wahrscheinlich mein Einzelschicksal.
Wichtig in dem Zusammenhang scheint mir der Umstand zu sein, inwieweit die Kandidaten in den ortsansässigen Vereinen aktiv sind. Bei Peter Hobmaier sehe ich diese Aktivitäten – Vorteil für ihn.
Der ovb-Bericht schweift dann vom CSU-Kandidaten ab und erneuert die Botschaft, die SPD „umgarne“ Fabrizio Chinarello. Das halte ich für ein Gerücht. Ich sehe für die SPD das Wählerpotenzial nicht, um mehr als zwei Leute sicher in den Stadtrat zu bringen. Mit Fabrizio Chinarello würden sich die beiden jetzigen SPD-Stadträte den Wettbewerb auf die eigene Liste holen. Der Sinn eines solchen „Umgarnens“ erschließt sich mir grade nicht.
Neuanfang
Mir geht der Begriff nicht aus dem Kopf. Er könnte für so viel Schönes stehen. Es duftet nach Zukunft, nach Aufbruch, nach einem neuen Geist der Kommunikation zwischen denen da oben und uns hier unten. Ich sehe rosige Zeiten. Ein neues Zeitalter ist in Sicht. Viva, Neumarkt-Sankt Veit.
Aber was im Detail interpretiert unser CSU-Bürgermeisterkandidat in den Begriff ‚Neuanfang‘ hinein? Leider hat es der ovb versäumt, nachzufragen. Wie so oft werden wir mit unseren Hoffnungen und Spekulationen alleingelassen.
Entdecken Sie mehr von Michael Behrens
Melden Sie sich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.