
Der Focus setzt mit der Floskel „Was Solar-Besitzer jetzt wissen müssen.“ gleich noch eine Botschaft hinterher. Was müsste ich denn jetzt bitte wissen, nur weil der RWE-Chef seinem Ärger Luft macht? Meine Antwort war, bevor ich überhaupt den Artikel gelesen hatte: Ich muss jetzt gar nichts wissen. Eigentlich interessiert mich auch der ganze Artikel nicht. Denn auch dieser Bericht läuft darauf hinaus, dass uns aufgezeigt wird, wie sinnlos die Energiepolitik in den letzten zwanzig Jahren war.
„Solar-Experte prognostiziert: Die Zukunft gehört dem Eigenverbrauch“
Dieser Überschrift kann ich zumindest teilweise etwas abgewinnen. Ich weiß nämlich nicht, warum es für diese Binsenweisheit einen Solar-Experten braucht. Ich bin nun wahrlich kein Experte, habe mich mit den Fördermöglichkeiten und dem Tarifdschungel nie befasst. Bei der Beschaffung der PV-Anlage auf unserem Dach war immer klar, dass wir einen Speicher brauchen und der Eigenverbrauch im Vordergrund steht. Wenn darüber hinaus erzeugter Strom eingespeist werden kann – um so besser.
Tarifschdungel und Förderungen? Uninteressant.
Und so haben wir momentan folgende Situation. 45 Euro buchen uns die Bayernwerke bzw. EON ab. Bitte frage man mich jetzt nicht, warum hier zwei Firmen beteiligt sind, um uns mit Strom zu versorgen. Die simple Begründung, dass die Bayernwerke das Netz betreiben, während E.ON den Strom liefert, ist in einem Punkt zu einfach: Wenn E.ON den Strom liefert, müsste logischerweise E.ON auch die Firma sein, die meinen überschüssigen PV-Strom abnimmt und bezahlt. Das ist aber nicht so. Das Entgelt bekomme ich von den Bayernwerken, und zwar in Höhe von 35 Euro monatlich. Für uns ergibt sich noch eine zu zahlende Differenz von 10 Euro, von der jährlichen Endabrechnung einmal abgesehen. Was also ist es, was den RWE-Chef Krebber so erzürnt? Denn um uns muss sich der RWE-Chef die wenigsten Sorgen machen.
„Förderung ist unnötig und sozial ungerecht.“
Sozial gerecht wäre einzig die freie Marktwirtschaft, die in Sachen Energieversorgung aber ausgeknipst wurde. Also freut es Krebber, dass Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche vorgeschlagen hat, die Einspeisevergütung für kleine PV-Anlagen abzuschaffen. Soll ich den produzierten Strom der Allgemeinheit schenken? Das fände ich wiederum sozial ungerecht.
Natürlich warnen Solarunternehmen vor den massiven Folgen einer solchen politischen Entscheidung. So massiv würde ich das nicht sehen. Wenn es dazu kommt, stelle ich mir einfach eine zweite Speichereinheit neben den ersten Block – falls das technisch möglich ist. Ich wüsste – elektrisch gesehen – nicht, was da dagegen sprechen sollte. Die Frage ist nur, wie lange die Lieferung dauert, wenn alle Besitzer von PV-Anlagen, die bisher gar keinen Speicher haben, auf die gleiche Idee kommen – und was das mit den Preisen macht. Problem: Neun Monate im Jahr reicht der jetzige Speicher. Und im Winter bekommen wir zwei Speicher nicht voll. So richtig Sinn hat die Sache also nicht.
Ein zweiter Speicherblock bringt es nicht wirklich.
Ich habe noch mal die alten Preise angeschaut und verstehe jetzt, warum viele private PV-Besitzer auf den Speicher verzichten. Das Ding kostete 5.340 Euro. Ich schwöre bei Gott, dass ich meinen Strom auf keinen Fall kostenlos in das öffentliche Netz einspeisen werde. Eher lege ich eine Leitung zum Nachbarn und schenke ihm den Strom. Oder ich kaufe mir irgendeinen Stromfresser, nur so aus Spaß.
Ende der Förderung für private Solarsysteme mit bis zu 10kWp?
Wirtschaft wie Ministerin sind diese Anlagentypen ein Dorn im Auge, weil die sich wegen fehlender Smartmeter nicht drosseln bzw. abschalten lassen. Damit kommt bei viel Sonnenschein Strom ins Netz, der nicht gebraucht wird, weil an der Strombörse der Bezugspreis schon im Minus ist, unsereins aber nach dem EEG dennoch seine Vergütung bekommt. Ich verstehe die Problematik, bin aber dafür nicht verantwortlich. Ich habe die Energiewende nicht ins Leben gerufen. Auch die fragwürdige Strombörse ist nicht meine Erfindung. Für fehlende Hochspannungsleitungen innerhalb Deutschlands kann ich auch nichts. Was wirft man Menschen wie mir eigentlich vor? Dass ich auf den Zug aufgesprungen bin, der von den Links-Grünen ins Rollen gebracht wurde?
„Diese immerhin vier Millionen Haushalte seien eigentlich genau solche Nutzer und Einspeiser, wie sie keiner haben will.“
Falsch und starker Tobak obendrein. Der Gesetzgeber wollte uns haben und hat das deshalb das EEG (Energieeinspeisegesetz) ins Leben gerufen. Die empörten Reaktionen ließen auch nicht lange auf sich warten. RWE and friends haben für alle AKWs bis zum heutigen Tage 280 Milliarden Euro an Subventionen erhalten.
Das Solarspitzengesetz.
Am 25. Februar 2025 trat das Gesetz in Kraft. Mit dieser Reform des Energiewirtschaftsrechts möchte die Bundesregierung die wachsenden Solarstrommengen besser ins Netz integrieren und Netzüberlastungen in Zeiten hoher Sonneneinstrahlung verhindern. Sinn uns Zweck:
- Nullvergütung bei negativen Strompreisen: Sinkt der Strompreis an der Börse unter Null, entfällt die Einspeisevergütung in diesen Zeiträumen. Allerdings wird die entfallene Zeit bei der EEG-Förderung nach hinten angehängt – die Vergütung läuft also insgesamt weiterhin 20 Jahre.
- 60-%-Einspeisegrenze ohne Smart Meter: Neue PV-Anlagen dürfen ohne intelligentes Messsystem nur 60 % ihrer Leistung einspeisen. Erst mit einem Smart Meter samt Steuerbox ist eine volle Einspeisung möglich.
- Pflicht zur Steuerbarkeit ab 25kWp: Anlagen zwischen 25 kWp und 100 kWp müssen zwingend fernsteuerbar sein. Damit können Netzbetreiber die Einspeisung flexibel regulieren, um Netzengpässe zu vermeiden
- Direktvermarktung wird erleichtert: Betreiber kleinerer Anlagen bis 100 kWp haben künftig einfacher Zugang zur Direktvermarktung. Damit soll die Marktintegration von Solarstrom gefördert werden.
Das Solarspitzengesetz markiert einen Paradigmenwechsel in der Solarpolitik: Weg von der pauschalen Einspeiseförderung, hin zu smarter Steuerung, Eigenverbrauch und Speichern. Für neue Betreiber bedeutet das mehr Pflichten, aber auch neue Chancen – insbesondere durch Direktvermarktung und optimierten Eigenverbrauch.
Zum Glück gilt das Gesetz nicht rückwirkend. Somit interessiert mich der ganze Energiepfusch nicht. Deutschland ist irgendwo falsch abgebogen. Das bekommen wir nicht mehr geregelt.
Hätte man mit der eigenen PV-Anlage eher starten müssen? Eindeutig ja. Aber das ist vergossene Milch.
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