
So lange ich denken kann, nehme ich das Allerheiligste mit in den Urlaub: Den Firmen-Laptop. Früher habe ich dann mit mir selbst eine feste Zeit pro Tag ausgemacht und mir diese von meiner Frau auch genehmigen lassen, damit der Urlaub ja nicht zum Desaster wird. Das bedeutete oftmals, das bis zum späten Nachmittag das normale Urlaubsprogramm ablief, aber dann – ab 1800 – für eine Stunde Laptopzeit war.
Anfang des Jahres kam dann eine Beschreibung zum Thema Workation heraus. Der Spieß wird umgedreht. Die Devise heißt in dem Fall nicht mehr: Urlaub und ein wenig arbeiten. Bei Workation heißt es, den Arbeitsplatz befristet ins Ausland zu verlegen, seine Aufgaben weiterhin zu erfüllen, erreichbar zu sein, wie gewohnt zu reagieren und den Rest des Tages auf Urlaub umzuschalten.
Das musste ich ausprobieren. Zwar hätte ich noch genug Urlaubstage gehabt, doch reiht sich eh schon ein Urlaub an den anderen. Also hieß es, die vorgeschriebene Prozedur zu durchlaufen. Statt einfach meinen Chef um Genehmigung zu fragen, um dann lustig zum Gardasee zu fahren, füllte ich einen Online-Antrag aus. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es drei oder sogar vier Entscheidungsebenen gibt. Eine oder zwei sind außerhalb der eigenen Firma, denn: Es kommt eine Versicherung ins Spiel, über die der Auslandsaufenthalt abgesichert wird. Und diese Versicherung hat das letzte Wort. Ging aber alles glatt. Innerhalb von zwei Arbeitstagen war das approval da.
Nachdem ich nun schon drei Tage in Arco im Workation-Modus gearbeitet habe, kann ich kurz berichten, wie sich das anfühlt, wenn man die gewohnte Umgebung, also das Homeoffice, also das Kellerverlies, verlässt.
Der Laptop alleine ist zu wenig als Ausstattung, weil der Laptopbildschirm in meinen Augen nur eine Funzel ist. Es erscheint mir ganz und gar unmöglich, ausschließlich mit einem Laptop zu arbeiten. Die Effektivität von drei 27″-Bildschirmen ließ sich auf dem Campingplatz freilich nicht herstellen. Aber einen 27″-Bildschirm hatte ich ins Auto geschmissen. Wenigstens etwas. Ansonsten hatte ich an alles gedacht: Tastatur, Maus, Thunder-Bolt-Dockingstation, zwei Headsets, Verteiler, Verlängerungskabel.
Was hatte ich nicht dabei, weil ich es nicht besitze? Ein Mauspad. Um so überraschender ist, dass die optische Maus auf dem doofen Holztisch ohne Aussetzer funktioniert.
Die größte Umstellung war die laute Umgebung. Vom isolierten Keller-Verlies in die Unruhe auf einem Campingplatz in die Nähe eines Pools. Daran musste ich mich schwer gewöhnen. Die Unruhe – um nicht zu sagen: der Krach – verlangt nach einem Headset. Das Headset Jabra Evolve 75e ist ein geniales Teil mit Ohrsteckern und allem Komfort. Mein Lieblingsheadset, dass hoffentlich nie den Geist aufgeben wird. Aber nach einiger Zeit schmerzen mir die Ohren. Mein anderes Headset Jabra Evolve hat zwei große Over-Ear-Muscheln. Die Ohren schmerzen natürlich nicht, aber man schwitzt unheimlich. Und das Teil kann kein Noice-Cancelling – zumindest konnte ich die Einstellung nicht finden. Egal, einen Tod muss man sterben.
Wäre ich nicht gerade selbst auf ein Headset angewiesen, würde ich die Nutzung von Headsets am Arbeitsplatz für höchst rückständig halten. Ich gebe aber zu, dass es in einem Büro, welches man nicht für sich allein hat, ohne Headset nicht geht. Ich sehe es als Privileg, in der Abgeschiedenheit meines Homeoffices kein Headset tragen zu müssen, sondern immer im Freisprechmodus zu sein. Das Equipment, das ich benutze, sorgt für eine 1A-Qualität. Noch nie hat ein Gesprächspartner die Frage gestellt, womit ich telefoniere, weil es sich irgendwie anders anhört. Cisco sei Dank.
Wie schaut es mit der Effektivität aus? Nun, die geht deutlich nach unten. Wenn die Verwendung von drei 27″-Bildschirmen eine maximale Effizienz von 100% ergibt, so ist man mit einem 27″-Bildschirm+Laptop-Screen maximal bei 50%. Das mag vielleicht durch meine Arbeit bedingt sein, und andere sehen diesen Sachverhalt ganz anders. Aber ich fühle mich deutlich eingeschränkt. Meine Logik heißt: Jeder zusätzliche Bildschirm verdoppelt die Effizienz.
Aber vielleicht ist ja genau das der Sinn von Workation. Herunterschalten vom sechsten in den vierten Gang.
Andererseits gibt aber auch den psychologischen Druck. Das gilt insbesondere dann, wenn man in der Gruppe unterwegs ist. Die Miturlauber müssen lernen zu verstehen, dass man einen ganz normalen Arbeitstag hat. Es kommen nämlich die üblichen Fragen auf: Wann bist du endlich fertig? Wann können wir endlich den Ausflug starten? Kommst du jetzt mit oder nicht? Kannst du dich auch einmal an der Planung beteiligen? Man muss sich selbst etwas ausgrenzen, was schwierig ist.
Und wie funktioniert hier das WLAN/Internet? Die WLAN-Basisstation konnte ich nicht erspähen, aber die Datenverbindung funktioniert tadellos. Notfalls hätte ich über die Hotspot-Funktionalität des iPhones gearbeitet. Die Flatrate ist bei unserem Business-Tarif ziemlich hoch und Auslandskosten entstehen auch keine. In der Internetverbindung sah ich bei den Vorbereitungen das geringste Problem. In Deutschland hätte ich mir diesbezüglich mehr Sorgen gemacht.
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