
Den Begriff „Informationsmarkt“ hatte ich noch nie gehört. Also spazierte ich gestern um 1900 in die große und bestuhlte Turnhalle in Neumarkt-Sankt Veit, die um 1930 so gut mit Interessierten gefüllt war, dass auch die Tribüne geöffnet wurde. Es gab zwei Hauptredner. Wenn aber der eine Redner der Landrat ist und Maximilian Heimerl heißt, dann belegt der jeweils andere Redner in Sachen Rhetorik automatisch den zweiten Platz. Gestern waren die Unterschiede um so deutlicher.
Die „Informationen“ sog ich gerne auf. Max Heimerl nahm keine Blatt vor den Mund. Die Windvorranggebiete) gebe es schon seit vielen Jahren. Aber erst jetzt seien sie für Investoren von Interesse. Warum? Die Attraktivität wurde künstlich gesteigert. Wir kommen gleich dazu. Weiterhin wissen wir jetzt, dass das Landkreiswerk immer noch nicht gegründet wurde.
Durch Neumarkts Oberverwaltung erfuhren wir, dass es rund um Neumarkt sechs VRG gibt. Um eines davon kümmere sich Schönberg. Bei den anderen fünf habe man den Eigentümern Pachtverträge angeboten. Zwei hätten zugesagt. Zwei von Fünf. Die Ausbeute ist nicht besonders groß.
Die Infostände wollte ich mir anschließend nicht anschauen. Ich ging direkt nach Hause und war der Meinung dass ich mir die Infos, die ich dort bekomme, auch ergoogeln kann. Im Nachhinein war das keine besonders gute Idee. Denn jetzt beim Schreiben fallen mir einige Fragen ein, auf die ich eventuell eine Antwort bekommen hätte.
Fünf Vorranggebiete, fünf Pachtvertragsangebote, zwei Zusagen
- Ist es Zufall, dass zu den fünf Vorranggebieten scheinbar exakt fünf Eigentümer gehören?
- Oder wurden die Vorranggebiete gleich so geplant, dass ein Vorranggebiet möglichst einem Eigentümer gehört?
- Drei Eigentümer haben das Pachtmodell abgelehnt, aber was bedeutet das?
- Wird es in den drei Vorranggebieten somit keine Windräder geben oder verpachten die Betreiber ihre Grundstücke vielleicht an Höherbietende?
- Bestand das Pachtangebot aus der reinen Verpachtung der Fläche oder aus einer Kombination von Pacht und Gewinnbeteiligung?
- Wenn zwei Vorranggebiete gepachtet sind – wieviele Windräder kann man dort jetzt bauen? Jeweils eins oder zwei oder fünf Stück?
Gleiche Pachtangebote für alle
- Aus Sicht eines Investors können die Windkraftgebiete nicht alle gleichwertig sein.
- Zufahrtswege können länger oder kürzer sein.
- Die Gegend kann hügeliger oder ebener sein, oder 50m höher oder tiefer liegen.
- Die Gegend kann stärker oder schwächer bewaldet sein, was zu mehr oder weniger notwendigen Rodungen führt.
- Die zu verlegenden Leitungen zum nächsten Umspannwerk oder Einspeisepunkt können länger oder kürzer oder einfacher oder schwieriger zu verlegen sein.
- Der Untergrund kann sich für die gigantischen Fundamente besser oder schlechter eignen.
- Deshalb wundert mich der Umstand, dass alle Eigentümer das gleiche Angebot bekommen haben.
- Das erscheint mir unlogisch.
- Die Verpachtung kann durchaus lukrativ sein und jährlich 25.000 bis 50.000 Euro einbringen.
Technische Daten eines modernen Windrades
- Gesamthöhe: 260m
- Nabenhöhe: 175m
- Rotordurchmesser: 170m
- Nennleistung: 6 MW
- darauf folgt, dass ein einstündiger Betrieb mit Nennleistung zu 6MWh führt. Unterschied zwischen der Bezeichnung 6MW und 6MWh ist somit klar?
- Flächenumfang für ein Windrad: 1 bis 2ha
- Anzahl der Haushalte, die versorgt werden können unter der Annahme, dass ein Haushalt 4.000kWh vebraucht: 3.750 Haushalte
- Neumarkt-Sankt Veit dürfte viel weniger Haushalte haben.
- Auf Grund der vielen existierenden PV-Anlagen kann man wohl davon ausgehen, dass ein Windrad die ganze Stadt versorgen kann, einschließlich der wenigen Industrie.
- Außerdem ist 4.000kWh für einen Haushalt eine hohe Schätzung.
- Andererseits sorgen immer mehr Wärmepumpen für einen höheren Stromverbrauch.
- Wir können uns ja auf zwei Windräder einigen, eines in jedem Vorranggebiet.
- Wichtig ist, dass ich ein solches Windrad nicht sehe, nicht höre und nicht spüre, wenn ich auf der Terrasse sitze.
Stromerzeugung
- 690V, dreiphasiger Wechselstrom durch typische Induktion (Magnetismus)
- Erzeugte Frequenz: Variabel, weil sich durch verschieden starke Winde die Rotoren schneller oder langsamer drehen.
- Gleichrichter: Gleichrichtung des Stroms, weil die erzeugten Frequenzen untauglich sind
- Wechselrichter (Inverter): Gleichstrom wird wieder in Wechselstrom umgewandelt, diesmal mit den netzsynchronen 50Hz
- Transformator: Umwandlung in eine Mittelspannung (20-30kV), die sich in Erdkabeln auch über lange Wege gut übertragen lässt
Windsituation
- Der Wind ist in 260m Höhe typischerweise doppelt so stark wie in 10m Höhe.
- Windstille wird oft mit 0,5m/s angegeben.
- Eine Verdoppelung bedeutet 1m/s
- Die Anlaufgeschwindigkeit eines Windrades beträgt 3 bis 4m/s (Losbrechgeschwindigkeit)
- Das liegt am Eigengewicht der Rotorblätter und dem elektrischen Widerstand des Magnetismus im Generator.
- Das bedeutet: Wenn wir hier unten Windstille verspüren, wird sich aller Voraussicht nach auch das Windrad über uns nicht drehen.
- Und es gibt Phasen – ich denke an den letzten Oktober/November – wo gefühlt kein Wind ging, und keine Sonne schien, was für den Wind nicht unerheblich ist, denn:
Der Begriff Dunkelflaute kommt nicht von ungefähr.
- Die Sonne ist tatsächlich die „Motorin“ des Winds
- Deshalb ist die Annahme, dass nachts oft weniger Wind weht, grundsätzlich richtig.
- Denn Wind entsteht durch Druckunterschiede in der Atmosphäre.
- Diese Druckunterschiede wiederum entstehen durch Temperaturunterschiede – und genau da kommt die Sonne ins Spiel.
- Die Sonne erwärmt die Erdoberfläche, aber nicht überall gleich stark (z. B. Land vs. Meer, Berge vs. Täler).
- Warme Luft dehnt sich aus und wird leichter → steigt auf → es entsteht ein Tiefdruckgebiet.
- In kühleren Regionen bleibt die Luft dichter → Hochdruckgebiet.
- Die Luft strömt vom Hoch zum Tief – das ist: Wind.
- Keine Sonneneinstrahlung → kaum Erwärmung → weniger Luftbewegung.
- Die Erdoberfläche kühlt schnell ab → die Luft stabilisiert sich (weniger Thermik).
- Besonders bei klarem Himmel und wenig Bewölkung bildet sich eine Inversionsschicht: Kalte Luft liegt wie ein Deckel über dem Boden – das hemmt vertikale Luftbewegungen.
- Schlaubergerzugabe: Durch die Corioliskraft (Drehung der Erde) wird der Wind auf der Nordhalbkugel grundsätzlich nach rechts abgelenkt.
Volllaststunden in Neumarkt-Sankt Veit
- Laut dem Abschlussbericht des Regionalen Energiekonzepts Südostbayern beträgt die Anzahl der Volllaststunden für Windkraftanlagen in unserer Region etwa 2.507 Stunden pro Jahr.
- Diese Zahl bedeutet, dass eine Windkraftanlage in Neumarkt-Sankt Veit jährlich so viel Energie produziert, wie sie es täte, wenn sie 2.507 Stunden unter voller Nennleistung laufen würde.
- Weil ein Jahr 8.760 Stunden hat, entspricht dies einem Kapazitätsfaktor von etwa 28,6 % (2.507 ÷ 8.760 ≈ 0,286).
- Diese 28,6% würde ich als so etwas wie den Effizienzgrad eines Windrades ansehen.
- Zum Vergleich: Off-Shore-Anlagen in der Nord- und in der Ostsee haben einen Kapazitätsfaktor von 45 bis 60%
- Die Annahme, dass im Norden der Wind 24 Stunden lang um die Rotorblätter pfeift, ist somit ein Irrglaube.
Kompensation bei Abschaltung von Windrädern gemäß EnWG §13a
- Wenn der Strom einer Windkraftanlage nicht benötigt wird, wird das Windrad abgeschaltet.
- Die entgangenen Umsätze müssen durch die Netzbetreiber „angemessen“ ausgeglichen werden.
- Aus meiner Sicht heißt das: Vollständig (abzüglich der Aufwendungen, die zur Stromproduktion benötigt worden wären)
- Je mehr dieser Anlagen in Betrieb gehen, und je öfter sie abgeschaltet werden müssen, desto höher sind die Ausgleichszahlungen, die der Netzbetreiber auf die Stromkunden umlegen muss.
- Wer als Bürger in eine Windkraftanlage investiert, investiert folglich gleichzeitig in höhere Strompreise.
Maßnahmen der Bundesregierung, die Vorranggebiete für Investoren interessanter zu gestalten:
Obwohl viele Windvorranggebiete bereits seit Jahren ausgewiesen sind, blieben sie oft ungenutzt – aufgrund langwieriger Genehmigungen, rechtlicher Unsicherheiten oder Akzeptanzproblemen. Doch seit 2022/2023 hat sich einiges geändert:
1. „Wind-an-Land“-Gesetzespaket (Juli 2022)
- Ziel: Mehr Flächen verfügbar machen, Verfahren beschleunigen, Planungs- und Investitionssicherheit erhöhen
- Bundesländer müssen bis 2032 mindestens 2% der Landesfläche für Windenergie ausweisen
- Diese Flächen müssen planungsrechtlich gesichert und nutzbar sein → Druck auf Länder & Kommunen steigt
- Wirkung für Investoren:
- Es kommen viele neue, real nutzbare Flächen
- Langfristige politische Rückendeckung → mehr Sicherheit für Investitionen
2. Beschleunigte Genehmigungsverfahren
- Bisher dauerten Genehmigungen oft 4–6 Jahre.
- Jetzt: Durch neue Regelungen (z. B. § 6 WindBG, Artenschutz-Reform, Vorrangprüfung), soll das Verfahren deutlich schneller gehen.
- Digitale Genehmigungsportale, klarere Umweltregelungen und feste Fristen helfen zusätzlich.
- Wirkung für Investoren:
- Weniger Verzögerung = schnellerer ROI (Return on Investment)
- Planbare Projektzeiten → attraktiv für institutionelle Investoren
3. Anhebung der Vergütung (EEG-Novelle)
- Die Einspeisevergütung bei Ausschreibungen wurde angepasst – v. a. für Zeiten mit wenig Wettbewerb (z. B. bei ungenutzten Flächen).
- Wirkung:
- Windparks werden wirtschaftlicher
- Investoren haben bessere Kalkulationssicherheit
4. Beteiligung von Kommunen & Bürgern
- Kommunen können seit dem EEG 2021 über § 6 EEG direkt finanziell profitieren (z. B. 0,2 ct/kWh Beteiligung).
- Das verbessert die Akzeptanz vor Ort – einer der häufigsten Gründe für Verzögerungen.
- Für Investoren bedeutet das:
- Weniger Klagen, mehr Zustimmung = geringeres Projektrisiko
- Zusammenarbeit mit Kommunen wird zum strategischen Vorteil
5. Standardisierung von Planungsprozessen & Digitalisierung
- Einheitliche Regelwerke, digitale Planungstools, GIS-Datenbanken und bundeseinheitliche Vorgaben für Artenschutz u. a. sorgen für weniger Rechtsunsicherheit.
- Das betrifft auch die Nutzung der Windenergieflächenbedarfsgesetze (WindBG)
- Investorenvorteil:
- Projekte können schneller entwickelt und umgesetzt werden
- Rechtssicherheit steigt → Banken geben leichter Kredite
Fazit
- Die Marktwirtschaft im klassischen Sinne ist im Bereich Windkraft nicht vorhanden.
- Ich bin zufrieden, dass ich mich diesem System aus staatlich geförderten Investitionen, Verschandelung der Natur, künstlichen Preisen an den Strombörsen, künstlichen Verbraucherpreisen und einer alles in allem fehlgeleiteten Energiepolitik der letzten Jahre durch die eigene PV-Anlage weitgehend entzogen habe.
- Eine Beteiligung an Windkraftprojekten als Bürger schließe ich für mich aus.
- Elektrischer Strom gehört zur grundsätzlichen Daseinvorsorge und sollte nicht mit Gewinnerzielungsabsichten gekoppelt sein.
- Ich stelle mir die Situation vor, dass mein Nachbar über die hohen Strompreise ächzt, während ich ihm dann gestehen muss, dafür verantwortlich zu sein – keine gute Idee.
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